Am Samstag, 18. Oktober 2003

Presseartikel von Walter Fuchs

Dan Crary und Beppe Gambetta im Schüttekeller

Zweifellos, was am vergangenen Samstag im sehr gut besetzten Schüttekeller geboten wurde, kann man getrost als eine Sternstunde der Bühler Musikszene apostrophieren. Kein Wunder, dass auch wieder Gäste aus Baden-Baden, Lahr, Freiburg, Straßburg und Heilbronn angereist waren. Es gab Country Music vom allerfeinsten mit dem Amerikaner Dan Crary, einem emeritierten Professor für Kommunikations- wissenschaften, und dem Italiener Beppe Gambetta aus Genua. Beide sind Gitarrenvirtuosen von Weltklasse und beide spielen sie im sogenannten „Flatpicking Stil“, das heisst nur mit einem kleinen dünnen Plastikpick und wenn dies dann streckenweise in einem halsbrecherischen Tempo passiert, dann versteht man Dan Crary, wenn er gerade diesen Stil als physisch besonders anstrengend bezeichnet, obwohl die totale Beherrschung eines Musikinstruments, wie er rasch hinzufügt, zuerst einmal im Kopf beginnt. 
Der Abend begann gleich mit dem „Nashville Blues“, einer tiefen Verbeugung vor den legendären Delmore Brothers, deren Stil, ob vokal oder instrumental, auf Crary wie auch Gambetta, nachhaltige Wirkungen hinterlassen hat. Der Geist von Alton und Rabon Delmore aus Alabama war während der rund zweistündigen Show immer präsent, vor allem wenn sich die beiden Akteure nahtlos in den Solopassagen abwechselten oder sich die kollektiven, filigranartig komplexen Improvisationen plötzlich auflösten und sich ein Instrument zu einem Solo in höhere Tonlagen aufschwang, während die zweite Gitarre sich der rhythmischen Untermalung widmete. 
Aber auch literarisch war’s immer interessant, ganz gleich ob im fein abgestimmten Duettgesang oder solistisch. Da gab’s die finsteren Balladen von „Darling Corey“ und „John Hardy“, die Eisenbahnsongs “Long Journey Home“ und „Roll In My Sweet Baby’s Arms“ und Dan Crary erinnerte sich an seine Jugendzeit in Kansas, als er nachts Maybelle Carter und ihre Gitarre über den Sender XET aus Del Rio/Texas hörte. Deshalb wurde auch mit „Jimmie Brown The Newsboy“ an die Carter Family und ihren eigenartigen Gitarrenstil gedacht.
Viel Abwechslung gab’s, wenn alte amerikanische Marschmusik gespielt wurde, Beppe Gambetta traditionelle sardische Melodien zupfte und obendrein an den Jazz-Gitarristen Eddie Lang erinnerte, der eigentlich Salvatore Massaro hiess, und der in den 20er Jahren zu den ersten weissen Gitarristen gehörte, die jenen Single-Note-Picking-Stil pflegten, wie er von Crary und Gambetta zur höchsten Perfektion entwickelt wurde. Dan Crary initiierte auch noch ein irisches Medley und verstieg sich schliesslich zu der Feststellung „There Ain’t No California“, ein Song über Kalifornien, in dem es heisst „Das Wasser schmeckt dort keineswegs nach Wein und die gebratenen Hähnchen fliegen Dir auch nicht in den Mund. Doch für manche Menschen ist es die Heimat“.
Ein fantastischer Konzertabend ging damit zu Ende. Es gab tosenden Beifall. Schliesslich noch 3 Zugaben, dann entliess Rüdiger Schmitt, der „spiritus rector“ des Schüttekeller seine dankbaren Gäste mit den treffenden Worten: „Noch nie gab es im Schüttekeller so viel Gänsehaut pro Quadratmeter wie heute, bei Dan Crary und Beppe Gambetta“.  WaFu


"Dan Crary (USA) & Beppe Gambetta (I)"
Zwei Meister des Flatpicking Gitarrenstils

Seit 1991 ist der Wahlkalifornier Dan Crary regelmäßig mit dem italienischen Stahlsaitenzauberer Beppe Gambetta unterwegs. Die beiden haben sich 1988 kennen gelernt, als der damals noch gänzlich unbekannte Genueser für sein erstes Album "Dialogs" quer durch die USA reiste, um diese Dialoge mit etlichen seiner musikalischen Vorbildern einzuspielen. Auf seiner Wunschliste mit ganz oben stand natürlich Dan Crary. Crary war vom Talent des jungen Gambetta sehr angetan. Nachdem sie mehrfach bei verschiedenen Sessions zusammen gespielt hatten, war die Idee geboren, ge-meinsame Tourneen zu unternehmen. Schon sehr schnell wurde aus dem "Lehrling" Beppe Gambetta ein ebenbürtiger Partner, so dass das Duo Dan Crary & Beppe Gambetta einen hervorragenden Ruf bei den Freunden akustischer Musik in Europa und Nordamerika genießt. Zusammen auf der Bühne bieten sie ein spannungs- geladenes und doch ausgesprochen lockeres Programm, mit interessanten Informationen zu den meisten ihrer Stücke. Dan Crary und Beppe Gambetta ergänzen sich hervorragend, sowohl musikalisch als auch von ihrer Persönlichkeit: einerseits der oftmals cool wirkende, verschmitzte Professor (er ist seit 1974 an der California State University in Fullteron als Associate Professor für Kommunikationswissenschaften tätig), andrerseits Beppe Gambetta mit südländischem Temperament und Humor. Bei ihren Auftritten bekommt auch jeder der beiden Vollblutmusiker ausreichend Gelegenheit, sich als Solist vorzustellen und Kostproben des je-weils aktuellen Soloprogrammes zu geben.

Dan Crary 
Wenn die Rede ist von Flatpicking -, Bluegrass -, Stahlsaiten-, oder überhaupt akustischer Gitarre, ist ein Name nicht wegzudenken: Mr. Dan Crary. Denn er war es, der mit seiner Gruppe The Bluegrass Alliance Ende der sechziger Jahre die Gitarre als Soloinstrument im Bluegrass etablierte, und damit auch einer der Wegbereiter für den sich anschließenden Boom dieses Instrumentes. Der Begriff "Bluegrass Gitarre" etablierte sich endgültig durch sein 1970 erschienenes gleichnamiges Album, dem ersten, das Dan Crary unter seinem eigenen Namen veröffentlichte. Ein Problem der damali-gen Gitarristen war, dass es ja so gut wie kein Material für die Sologitarre gab. Dan Crary löste das Problem auf seine Art und Weise: er war  (wieder einmal) der erste, der interessante fiddle tunes für die Plektrum - (= Flat) Gitarre arrangierte. Etliche seiner damaligen Aufnahmen zählen noch heute zu den Standards für die Flatpicking Gitarre, wie z.B. "Gold Rush", "Red Haired Boy", "The Dusty Miller", oder "Devil's Dream", um nur einige zu nennen. Und nach wie vor gehört Dan Crary zur allerersten Riege der Akustikgitarristen. Mit seinem Spiel auf der sechs- und zwölfsaitigen Gitarre prägt(e) er diese Stilrichtung bis heute nachhaltig mit, und für zahlreiche Gitarristen der nachfolgenden Generationen zählt er mit zu deren großen musikalischen Vorbildern.
Mehrere verschiedene Gitarrenstile haben ihn beeinflusst, so Dan Crary ein-mal in einem Interview. "Irgendwie habe ich das Flatpicking für mich selbst erfunden. Ich wünschte, ich hätte mehr über andere Bluegrass spielende Flatpicker gewusst. Aber ich war nie in ihre Nähe gekommen, und als ich von ihnen hörte, hatte ich meinen Weg schon eingeschlagen. Was ich an Gitarre im Radio hörte, war gelegentlich Blues, etwas von der Carter Family, klassische Gitarre, Flamenco und Jazz. Alles was ich davon ins Flatpicking übertragen konnte, tat ich."

Aber man darf sicher getrost unterstellen, dass eben diese etwas ungewöhnliche Biographie uns einen ausgesprochen innovativen und Genre übergreifenden Gitarristen beschert hat, der eben nicht "nur" hervorragenden Bluegrass spielt, sondern das Flatpicking als solches ständig weiter entwickelt hat, und der heute ein weites musikalisches Spektrum beherrscht. Es reicht von Traditionals, Bluegrass, Hillbilly-Country-Music, American und Irish Folk über Klassik, New Acoustic bis hin zu New Age angehauchten Stücken.
Überhaupt hat Dan Crary etwas gegen das weit verbreitete Schubladendenken. Für ihn steht das Instrument, die Gitarre selbst im Mittelpunkt. Und mit seiner Kunst möchte er möglichst viele Leute ansprechen und für sein Instrument und die Musik begeistern. Einen weiteren wichtigen Meilenstein in Dan Crarys Karriere gab es 1974 zu vermerken: zusammen mit Byron Berline (Fiddle) und John Hickman (Banjo) formierten sie sich zur Gruppe Byron Berline & Sundance. Der Grundstein zu einer lang anhaltenden Zu-sammenarbeit war gelegt. Unter dem Namen BCH (wie Berline, Crary & Hickman) veröffentlichten sie mehrere Alben. Ergänzt um den Bassisten Steve Spurgin und den Mandolinisten John Moore nannten sie sich 1990 in California um. California zählte zu den absoluten Spitzenbands, sie waren - weit über Bluegrass und Country hinaus - ein Begriff für allerhöchste Qualität.

Neben seinen Aktivitäten als Musiker, Arrangeur und Komponist interessiert ihn auch sein Instrument als solches. Zusammen mit Bob Taylor entwickelte er für "Taylor Guitars" das 6saitige "Dan Crary Signature Model". Dieses Instrument (allerdings in einer Sonderanfertigung mit verlängertem Hals), sowie eine 12saitige Taylor, spielt Dan Crary natürlich auch bei seinen Konzerten. Und selbstverständlich gibt er sein Wissen gerne weiter, sei es live bei Work-shops, oder in Büchern und auf Video.

Unser Service für Sie: 
Auf diesen Websites können Sie ein paar Takte anhören!
http://www.dancrary.com/DisplayProducts.html#synergia

Was zum Lesen:
http://www.folker.de/200305/17gambetta.htm   Super Artikel!

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